Weihnachtliche Lerngeschichten 2012
Nick sitzt wieder einmal beim Kneten am Knettisch. Soll ich ihn rüber ins Büro holen, um mit ihm ein Buch zu lesen und seinen Sprachschatz zu fördern? Nein, ich setze mich zu ihm an den Knettisch. Wir reden über den heutigen Nikolaustag. Nachdem er mir erzählt hat, was er in seinem Stiefel vorgefunden hat, frage ich, wie der Nikolaus eigentlich die Geschenke transportiert (ob wir damit in die Nähe zum Weihnachtsmann rücken, ist mir in diesem Moment egal ). Nick meint. "im Sack - - - auf dem Slitten". Wunderbar, ich habe Lust, einen kleinen Schlitten zu kneten, während Nick weiter mit seiner riesigen Knet-Rübe beschäftigt ist. Fertig - sogleich frage ich, was nun auf den Schlitten gelegt werden kann: "Geschenke". Beim 2.Geschenk angekommen, habe ich die ungeteilte Aufmerksamkeit von Nick: "Da muss aber noch eine Slaufe drauf." Meine Antwort:"oh, ja, machst du mir eine Schleife?" "Das kann ich aber nicht." "Schau, wir rollen eine kleine Wurst und drehen sie dann zu einem Kreis, das ist unsere Schleife." Die Pakete mit Schleife kommen auf den Schlitten. Nick meint:"Da ist aber kein Platz mehr für den Nikolaus." Ich gebe ihm recht. Nick meint:"Dann tut der eben sieben." "Oh ja, der Nikolaus schiebt. Wer zieht denn den Schlitten?" "Ein Reh." Ich forme den Rücken, Nick bekommt den Auftrag für 4 Beine. Als wir fertig sind, braucht der Schlitten noch ein Seil, mit dem das Reh ziehen kann (Nicks Idee!). Dann kommt mir eine neue Idee: "komm, wir machen noch eine kleine Rübe, die legen wir mit auf den Schlitten - deine große Rübe passt nicht drauf. Für wen ist denn die Rübe?" Da weiß Nick gleich Bescheid:"für das Reh!" - "Jetzt musst du aber noch den Nikolaus machen." Ich habe befürchtet, dass Nick das sagt, wieder will er die Arbeit auf mich abwälzen. "Also gut, ich übernehme den Mantel und du knetest die Füße." Natürlich macht er als Schwabe Beine mit Fuß, die wir dann aber auch unter den Mantel bringen. Nick bemerkt sogar selbst, dass sie ungleich sind und wir das eine Bein noch verkleinern müssen. Stolz stellen wir alles auf den Deckel und Nick darf später im Stuhlkreis zeigen und erzählen, was er am Nikolaustag aus Knete hergestellt hat !!!
Es ist nicht immer leicht zu erkennen, ob ein Kind verstanden hat. Ein kleiner 4;02 Jahre alte Junge mit Deutsch als Zweitsprache macht es mir leicht: Ich bitte ihn:"Kannst du bitte das Licht anmachen? Er sagt "ja" und bleibt sitzen. Ich bitte ihn ein 2. Mal - ohne Erfolg. Ich bitte ihn ein weiteres Mal, nehme ihn an die Hand und führe ihn zum Lichtschalter, den wir miteinander anknipsen. Abschließend berichte ich den Erzieherinnen kurz davon. - In der Folgewoche bitten sie mich, ihn wieder Licht anknipsen zu lassen. Wieder geht es nur mit meiner Hilfe. Ich betone nochmals, dass er das Licht angeknipst hat und bedanke mich dafür. Nach unserer gemeinsamen Spielphase bitte ich ihn, das Licht auszuknipsen. Dies tut er! Offensichtlich hat er sich die Worte kurzzeitig gemerkt. Ob es nach den Weihnachtsferien klappt???
Sein etwas älterer, wesentlich wortgewandterer Freund meint später beim Malen: "den schnapp ich mir jetzt" und zeigt mir einen rosa Stift, "weil meine Mama ist Mädchen, der mach ich das, die mag rosa - und jetzt mal ich rot für die!"
Lerngeschichten Herbst 2012
Das jüngste Schulkind in meiner AG spricht wenig. Nach einigen Wochen meint ein Viertklässler zu ihr: "Warum sprichst du nicht, warum habe ich noch nie was von dir gehört?" Alles lauscht gebannt, aber sie antwortet nicht. Nach kurzer Pause antworte ich: "Ich habe öfters mal Kinder, die nicht so viel sprechen. Vielleicht sprecht ihr viel und sie kommt gar nicht recht zu Wort, oder vielleicht möchte sie auch nicht so viel reden. Vielleicht spricht sie einfach mal irgendwann, wenn du sie nicht drängst." Sie hatte bereits öfters etwas geäußert, bloß leise, und dies hatte der umtriebige Junge noch nicht mitbekommen. Am gemeinsamen Gespräch beteiligt sie sich auch heute wieder nicht.
In der Aufbruchstimmung kommt sie zu mir und äußert von sich aus leise, dass sie noch etwas einpacken müsse, wir sprechen kurz darüber - unser kleiner Wortwechsel ist das Selbstverständlichste von der Welt.
Eine Woche später sprechen wir über Adventskalender: alle dürfen erzählen, was für einen Advents- kalender jeder hat. Auch die Jüngste erzählt kurz, es ist mucksmäuschenstill, alle hören ihr gebannt zu, aber keiner kommentiert, dass sie endlich etwas gesagt hat - ich bin ganz stolz auf meine Truppe!
Lerngeschichten März - Juli 2012
Mengenvorstellung von 2 Vorschulkindern: Wir gestalten den Osterhasen von unserem Sprechmalvers genauer aus: Das eine Mädchen malt dem Hasen an jede Hand 5 gut erkennbare Finger. Das andere Kind malt an eine Hand 3 Striche, an die andere Hand aber 10 Striche.
Das Bilderbuch von Eric Carle: "Die kleine Spinne spinnt und schweigt" ist unsere Grundlage, den Laut /sch/ mit folgendem Konsonaten zu üben. Marc spricht alle Konsonantenverbindungen mit richtigem /sch/. Als das Spinnennetz fertig gesponnen ist und die Fliege darin gefangen wurde, meint er sorgenvoll, aber auch fast zu seiner eigenen Beruhigung:"Die Spinne hat jetzt das gegessen, die hat auch Hunger!" Nach einer Denkpause folgt: "Wenn wir das Netz kaputt machen, dann kann die keine Fliege fangen." Da tat ihm dann die kleine Fliege doch zu leid!
Leo hat Probleme mit dem tr / dr. Einige Male hat er die Konsonantenverbindung schon richtig gebildet. Wir haben Einzelwörter, die mit /tr/ beginnen, gesprochen (Memorybilder) oder Tiere auf bzw. unter den Traktor gelegt - oft sprach er die schwierige Kombination richtig. Aber jede Woche mussten wir erst neu überlegen, wo denn die Zunge beim /t/ hin muss. Er meinte heute als Selbsterkenntnis: "da musst du das dann so vor machen" Er spitzte seine Lippen nach vorne, und tatsächlich gelang ihm das /tr/ auf Anhieb gut. - So habe ich wieder einmal durch die Kinder etwas dazu gelernt!
Drei Wochen später meint er zu einem anderen Kind: "Ich kann jetzt nicht, ich muss zu Frau Hiller und das tr üben!" Ich war platt, er kann es! - Leider waren dann doch nicht alle Sätze in unserem Spiel: "Ich trage ..." richtig - also üben wir doch noch etwas weiter.
Klaus zeigt auf meinen Bleistift: "Da steht Ikea drauf". Meine Frage an den Vorschüler: "Kannst du das lesen?" - "Nein, das weiß ich eben!" Leider bringen ihm die Eltern die Buchstabennamen bei. Daher ist er beim folgenden Rätsel fast überfordert: Ich lege nach einer kleinen Vorübung Bilder hin und sage: "Das ist ein Löffel, das ist ein Schuh, das ist ein Flugzeug, das ... - Dein Name fängt mit einem K an, womit fängt denn der - ich zeige auf den Löffel - an?" Er überlegt und sagt schließlich "El", beim "Sch-" gelingt es richtig, bei Flugzeug zögert er und sagt leise "Ef". Er hat ja recht, aber bei meinen Fragen hat er eine doppelte Aufgabe zu bewältigen: erst den Laut heraushören und dann noch den entsprechenden Buchstabennamen dafür finden!
Weihnachten bis März 2012
Nach den Weihnachtsferien meint Karl zu mir:"Ich kann das "s", ich muss nicht mehr zu dir!"
Ich gebe ihm recht, dass er das "s" ganz oft richtig gesprochen hat, wir machen anschließend die für heute geplanten Hörübungen, und am Ende gebe ich ihm meine Telefonnummer für die Mutter mit.
Am nächsten Tag erzählt mir die Mutter am Telefon, er habe in den Weihnachtsferien eine Liste gemacht. Dort hinein musste die Mutter jedes Mal einen Strich malen, wenn er ein S-Wort nicht richtig ( d.h. bei ihm: interdental ) gesprochen hatte. Am 2. Tag waren deutlich weniger Striche auf der Liste und am 3. Tag fast keine mehr!
Dadurch war es ihm augenfällig, dass er meine Unterstützung nicht mehr brauchte! Wir üben nun noch kurz das "s" im Wort und am Wortende und dann soll es genug sein. Kurz vor der Einschulung kann sich die Mutter gerne nochmals melden, wenn Karl wieder etwas Unterstützung bräuchte.
Nick ( 4 Jahre) meint: "ich hab zuhaus ein großer Bagger - der tut letz ein Loch graben - der fahr letz rein"
Meine Frage: was ist davon Dialekt, was muss ich in der Therapie aufgreifen? Da viele Erwachsene im Schwäbischen keinen Dativ mehr, aber auch keinen Akkussativ mehr gebrauchen, stehe ich als hochdeutsch sprechender Mensch mit sehr vielen Fragezeichen vor der Aufgabe der Grammatikförderung. Nicht anders geht es mir mit den liebevollen Aufforderungen an ein Kind: "Tu das erst zuende malen, dann tust du aufräumen und dann tun wir frühstücken."
Nati steht im Gruppenraum und streut mit geschickter Geste kleine runde Holzrugel (=Holzscheiben) über den Teppich. Auf meine Nachfrage erklärt sie:" wir streuen Pflanzen aus für Fridolin" - "Wer ist Fridolin?" - "Der Schmetterling". Richtig, den großen bunten Schmetterling hält ja ihre Freundin auf dem Finger. Ich freue mich über ihre geniale Idee, für Blüten zu sorgen. Auch wenn sie wohl Samen statt Pflanzen meint. Hier hat sich die Bastelei im Kindi in einem wunderbaren Rollenspiel fortgesetzt.
Wieder Grammatik: Lenni erklärt mir:"bei die Feuerwehr, wo die da war, da haben wir was gemalt!" Mit Lenni übe ich tr-, wir haben viele Gegenstände, die wir in die Truhe stecken oder auf den Traktor legen. Anschließend nehmen wir uns noch 20 Memorybilder, die wir in eine aufgemalte Truhe mit Schlitz hineinstecken. Nach der Vorübung gelingen ihm 16 Satzfragmente: "in die Truhe". Nun soll er die gemalte Truhe mit heim nehmen und die Sprachübung zuhause wiederholen. Auf alle Fälle war wieder einmal deutlich, dass das gleichbleibende Satzteil ihm half, sich an die Zungenstellung mit der Zungenspitze nach oben hinter die Zähne zu gewöhnen. Sollte er zuhause öfters üben, wird er schnell zum dauerhaften Erfolg kommen.
Lerngeschichten 2011
Unser Thema heißt: richtige Anbildung des Lautes /s/ :
Karl hat beim letzten Mal gelernt, dass er die Zähne zumachen soll, damit seine Zunge nicht hervorschaut.
Da wir noch auf Lars warten, hole ich einige Stifte heraus und lege sie als Hürden auf den Tisch.
Wir wollen mit dem Finger Pferdchen spielen und mit einem /s/ über die Stifte springen - ob er daran denkt, die Zähne zu schließen?
In dem Moment ruft er: "Schau mal, was ich kann!" und singt mir ein nettes Liedchen vor nur auf /s/ und mit geschlossenen Zähnen: sss s sss ss ssssss...
Natürlich lobe ich ihn, er darf es auch Lars nochmals vorsingen, darauf grinst Lars und sagt mit breitem Grinsemund und geschlossenen Zähnen ebenfalls ein wunderschönes /s/.
Was will ich mehr? Nun kann ich die Stifte wegräumen und gleich den Zungenfahrstuhl vormachen, damit wir herausbekommen, ob die Kinder die Zungenspitze lieber oben oder unten hinter die Zähne legen (dorsales oder appikales /s/).
In der Folgewoche greife ich seine Singeslust auf, und wir singen so so so - sa sa sa ...
Ach ja, dazu gibt es auch ein nettes Lied: Da oben auf dem Berge so so so , das sitzen 7 Zwerge so so so, da unten auf der Wiese so so so, da steht ein großer Riese so so so.
Überall stoße ich auf die Vorzüge der Sprache:
Beim Tennisspiel haben wir die Reihenfolge des Aufschlägers festgelegt (wir sind heute nur zu dritt und das übliche System lässt sich nicht spielen...) und dies in Wort gefasst: "ich du er". Wenn wir nicht wussten, wer aufschlagen sollte, konnten wir schnell unsere Formel zu Rate ziehen: ich du er - und wussten, wer dran ist, z.B. ich habe aufgeschlagen, dann bist du dran!
Meiner Dreiergruppe biete ich zur Lautwiederholung einen Rhythmus an: sch sch sch - bum
Hinzu kommt folgende Bewegung: Daumen zeigen / Zeigefinger zeigen / Mittelfinger zeigen / Faust auf den Tisch.
Nach mehreren gemeinsamen Wiederholungen frage ich die Kinder nach einem neuen Muster:
Da ihnen nichts einfällt, muss ich noch eine Variation vorlegen: sch sch sch au.
Daraufhin fällt Lisa als Bewegungsmuster ein: 3 Finger zeigen - flache Hand auf den Tisch.
Nun erweitert Lili: 3 Finger zeigen, Ellenbogen auf den Tisch.
Fehlt noch der scheue Max. Gemeinsam entwickeln wir sch sch sssssscccccccchhhhhhhhh - ziehen am rechten Ohr - ziehen am linken Ohrläppchen - Zeigefinger an die Nase drücken.
Warum mache ich das?
Zum Einen haben wir auf diesem Wege ordentlich viele "sch" gesprochen - mit vorgestülpten Lippen! Zum Zweiten kommen die Kinder vielleicht ohne mich noch auf weitere Ideen und machen sich einen Spaß daraus, zu Bewegungen ihren Übungslaut "sch" zu sagen.
Ich korrigiere Nattis Stifthaltung, sie ist Vorschülerin und hat fast einen Flötengriff! Da ich es ihr schon öfters richtig gezeigt habe, frage ich sie nur:"geht es?" Darauf kommt ihre verblüffende Antwort: "Geht, jetzt steuert hier die Schulter und der Arm noch." Sie hat also bemerkt, dass da noch mehr Muskeln beteiligt sind.
Hauptsächlich üben wir ja den Laut /s/, der in der Spontansprache häufig interdental gebildet wird. Für ihr Schmusetier Hase singen wir ein Lied, ehe wir ihm einige Bildkarten mit s zeigen. Das Lied ist einfach: Hase, Hase, mit der braunen Nase. ( g-e, g-e, gfedc-c). Am Ende wiederholen wir das Lied, und draußen höre ich sie weiterträllern. Daraufhin laufe ich ihr nach, nutze ihre Freude am Singen, und wir singen das Lied ihrer Erzieherin auch vor.
Nebenbei: Kein interdental gebildetes /s/ war zu sehen!
Der Laut /k/ wird hartnäckig durch /t/ ersetzt ! Meine Memorybilder mit Kl- und mit Ka-Wörtern klappen gut. Aber der Koffer ist ein Toffer, die Kerze ist eine Terze ... Müssen wir also wieder zu einem weit geöffneten Mund und der dann folgenden Bildung des /k/ mit der Zungenspitze an den unteren Zähnen zurückkehren. Daher heißt der Käfer nun: "Aka-aka". Die richtige Lautbildung klappt nun wieder. Nach den Ferien haben wir 8 ausgeschnittene, kleine Käfer und einige Koffer auf dem Tisch liegen. Ehe wir sie auf den Laster aufladen, lege ich die 8 Käfer in einer Reihe hin, nur ein Koffer ist dazwischen. Wir rufen den Namen des Käfers ( gemeinerweise heißt er ja Aka-aka ) und tippen auf jeden Käfer drauf. Ergebnis: 8x Aka-aka richtig gesagt, bei beiden Mädchen!! Sie wissen es noch. Und ich freue mich, dass die verrückte Idee mit "Aka-aka" ihren Sinn macht.
Meinem Sprachgefühl wird manchmal ziemlich viel Toleranz abverlangt: 2 Kinder malen, die eine sagt zur anderen: "Wer hat der Baum gemalt?"
Anderes Beispiel: "Ich nehme der blauer Stift." - Und immer bekomme ich zu hören, das sei halt schwäbisch. Aber es ist grammatisch leider grottenfalsch!
Ich kann nur vor mich hin denken: "Der Nominativ ist dem Akkusativ sein Tod".
Wir haben Schildkröten mit dem Dreierwürfel erwürfelt - unvermeidbar die Frage: "Wer hat mehr?" Daraufhin legen beide Kinder alle Schildkröten in eine Reihe und zählen. Anna hat 11, Nina hat 9, ich gebe ihr 2 von mir und sie hat auch 11. Ach, zählen wir vorsichtshalber nochmals beide Reihen. Es sind jeweils 11 Schildkröten. Auf meine Frage: "Wer hat 11 Schildkröten", rufen beide strahlend: "ich". Nun zählt Anna vorsichtshalber nochmals. Sie ist bei 8, da fallen ihr die restlichen Schildkröten vom Tisch. Darauf meint Nina: "Hast du 3 ? Gut dann hast du 11 !" - Anna holt sie hoch, und beide zählen weiter: "9, 10, 11" - "Hab ich doch gesagt!" kommt von Nina.
Ich bin beeindruckt, das hatte ich der Fünfjährigen überhaupt nicht zugetraut.
Letzte Woche haben wir einen Schrank gefaltet und jeweils etwas hinein gemalt. Kaum dass ich diesmal die Zwillinge ins Büro hole, meint der eine: "Meine Mama hat den Srank weggesmeisst." Dies korrigiert der andere: "geschmeissen." Sein Sprachgefühl lenkte ihn in die richtige Richtung, auch das /sch/ gelang ihm schon besser als dem Zwillingsbruder.
Ein weiteres Mädchen mit Sigmatismus interdentalis wird mir vorgestellt. Die beiden anderen Kinder mit etwas mehr Therapieerfahrung nehmen meine Lautübung forsch auf, sie dagegen formt den Laut ganz langsam tastend, und man sieht ihr an, wie sie den Laut in ihrem Mundraum erfühlt. Bei Lina erlebe ich später ähnlich diese vortastende, suchende Lautbildung und eine etwas zu große Anspannung. Diese gibt sie auf, als wir abzählen und sie entspannt 6 und 7 nennt.
Auf der Suche nach meinen Therapiekindern schaue ich in der Bauecke vorbei. Ein Junge meint zu mir: "Wir spielen 2.Weltkrieg!" Sofort frage ich nach: "Wie spielt man denn das?" Kurze Pause, er montiert noch einen Legostein und meint dann: "Das 1.Kampfflugzeug ist fertig" und saust damit los. Da ich mit diesem Thema nicht ganz einverstanden bin, sage ich es der Erzieherin weiter. Später erzählt mir die Kindergartenleiterin, dass sie mit den Kindern gesprochen, kurz und kindgemäß erklärt hat, was der Krieg an Leid gebracht hat, und daher mit diesem Spiel nicht einverstanden sei. So hat sie eine eindeutige Haltung eingenommen und den Kindern bedeutet, sich ein anderes Spiel zu suchen.