Die Diagnostik der Sprache bei Kleinkindern kann nur äußerst behutsam verlaufen:
durch Beobachtung lerne ich etwas über ihr Spielverhalten, ihr Sozialverhalten und ihre Sprache. --> Diagnostik - Grobraster.
Zusätzlich kann ich
Wesentlich ist auch die Frage nach ihrem Hörvermögen, die nur von einem HNO-Arzt beantwortet werden kann.
Die Hörmerkspanne ist eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbau von Wortschatz und Grammatik:
Ich muss mir ein längeres Wort in seinen Einzelteilen merken, damit ich es wiedererkenne (passiver Wortschatz - rezeptiv) und selber aussprechen kann (aktiver Wortschatz - produktiv).
Ebenso muss ich mir einen Satz in seinen Bestandteilen merken, damit ich gleiche Satz- konstruktionen auch zustande bringe, d.h. die Satzbauregel verstehe und damit auf ähnliche Weise selbständig Sätze bilden kann.
Die Hörmerkspanne wird üblicherweise mit dem Nachsprechen von Zahlenfolgen oder Sinnlosen Silben erfasst. Diese Testform ist für jüngere Kinder unverständlich unf führt in der Regel sehr schnell zu Blockaden. Daher habe ich versucht, mit Zuhilfenahme einer Puppe / Stofftier das Kind langsam an die Nachsprechaufgabe heranzuführen und dann mit einfach zu sprechenden Silben das Kind am Sprachanfang dort abzuholen, wo es mit seinem Sprachvermögen steht: bei lautlich einfachen Silben. --> Hören - Kurzzeitgedächtnis
Mit sehr jungen Kindern ist meines Erachtens ein Testverfahren noch wenig sinnvoll - es sei denn der Kostenträger/die Kostenstelle ist mit einer beschreibenden Darstellung der Sprach- probleme nicht zufrieden. Ich registriere daher viele Nebenaspekte, wie eben der Umgang der Kinder mit einer unerwarteten Situation, dem angebotenen Spielmaterial oder einem Bilderbuch
--> ein sehr aussagekräftiges "super" Testbild - aber auch der folgende Text:
Kinder am Sprachanfang und ihre "Eingangsdiagnostik"
Wenn ich Kinder im Alter von 2 - 3 Jahren mit Testunterlagen weitergereicht bekomme, steht auf den Formularen zumeist der Vermerk: hat den Test nicht verstanden / hat nicht mitgemacht / Test war nicht möglich.
Um den Kindern, die in der Regel noch wenig sprechen, schüchtern sind und noch sehr im Spielverhalten mit konkreten Gegenständen verfangen sind, ein negatives Testerleben zu ersparen, beobachte ich sie nur in ihrem Spiel ( und mache keine Tests ).
Wenn das Kind es erlaubt, beteilige ich mich an seinem Spiel - übrigens wird dann die Mutter auch oft vom Kind auf den Spielteppich herabgezogen! Besonders beliebt als Spielzeuge sind die Holzfahrzeuge, der Holzbauernhof oder der Kaufladen. Daher spiele ich mit dem Kind mit Fahrzeugen und Tieren oder mit dem Kaufladen.
Im Spiel kann ich vieles beobachten und hören: Oft höre ich Fahrgeräusche oder Tierlaute. Wenn ich zunächst nichts höre, mache ich die Geräusche selbst und werde evtl. nachgeahmt. Oder es ergeben sich im Spiel schon kleine Gespräche, anhand derer ich den Wortschatzumfang, Länge von kleinen Sätzen und erste grammatische Strukturen abschätzen kann.
Wenn ich das Kind frage: "Wo ist denn der Hund hingelaufen" und das Kind sich umschaut, merke ich, dass es den Fragecharakter und den Sinn meiner Frage verstanden hat. Horcht das Kind auf Geräusche von draußen oder oben, habe ich schon meine grobe Hörprüfung.
Eine weitere bedeutsame Beobachtung ist, wenn ich Dinge im Spiel benenne, das Kind dies wahrnimmt und mir neue Dinge zunächst zeigt, auf die Benennung wartet und erst dann damit hantiert, d.h. wenn das Kind Interesse an den Namen der Gegenstände bekommt. Beispiel: ein kleines Mädchen von gerade 2 Jahren sitzt am Kaufladen und legt eine Birne in den Korb. Ich sitze in der Nähe und kommentiere: "eine Birne" und füge hinzu: "in den Korb". Bei der Wurst sage ich:"eine Wurst - in den Korb". Die weiteren 5 Würste und auch 2 Käse bekomme ich unter die Nase gehalten, sage jedes Mal, wie es heißt und weise auf den Korb: "in den Korb." Dies Spiel geht so lange, bis das Mädchen, das erst 4 Worte spricht, das Interesse verloren hat.
Die Feinmotorik beobachte ich daran, ob das Kind den Laster lenkt und mit ihm geschickt rückwärts fährt, oder ob es z.B. die Tasten unserer Kaufladenkasse betätigen kann. Genial ist natürlich, wenn das Kind bei einer verrutschenden Kasse schnell die Kasse mit einer Hand festhält und mit der anderen Hand die Taste zum Öffnen der Schublade drückt, d.h. wenn das Miteinander beider Hände gelingt und die Kasse nicht zu Boden fällt. Ähnlich beeindruckend ist, wenn das Kind den Mechanismus am Gabelstapler versteht und selbständig betätigen kann, beides ist eine feinmotorische und eine kognitive Leistung!
In Ergänzung zur Feinmotorik ist die gute Koordination der Mundmuskulatur wichtig. Wenn das Kleinkind Probleme mit dem Saugen, später mit dem Trinken aus dem Becher und dem Essen mit dem Löffel hatte, müssen wir die Mundmotorik stärken. Wenn der Mund ständig offen steht und das Kind dadurch eine schlaffe Lippenmotorik zeigt - zu erkennen am Sabbern und den Halstüchlein, die es vorsorglich ständig trägt, obwohl das Zahnen kein Thema mehr ist, müssen wir nach Dauerschnupfen oder gewohnheitsmäßig geöffnetem Mund fragen. Eine gut differenzierte Artikulation lässt sich mit der schlaffen Mundmotorik immer nur mit großem - und kurzzeitigem - Kraftaufwand leisten
Mich interessiert nicht, ob das Kind schon malen kann oder den Stift mit 2 Jahren richtig hält, mich interessiert auch nicht, ob das Kind die Farben benennen kann oder eine 2er Menge abzählen kann. Das muss es mit 2 Jahren alles noch nicht können. Dies lernt es im Spiel in diesem Alter erst allmählich.
Auch die Feinmotorik und damit das Geschick einen Stift zu halten, entwickeln sich erst allmählich. Auf dem Gebiet der Sprachentwicklung erweitern sich die Wortwahl und die Ausdrucksmöglichkeiten im Spiel / im Hantieren stetig. Ebenso reift die Mundmotorik erst aus. Die Weiterentwicklung auf diesen verschiedenen Gebieten ist wichtig.
Mich interessiert auch sehr wohl, ob das Kind ängstlich bei der Mutter bleibt und sich passiv bedienen oder bespielen lässt, oder ob es neugierig zu den Bauklötzen, Fahrzeugen, Tieren läuft und spielen mag. Denn dann habe ich eine gute Basis, mich dem Kind im Spiel zu nähern und im gemeinsamen Spiel mehr über das Kind zu erfahren und gleichzeitig Sprache anzubieten. Th. Hiller